Alle Kinder bauen in den ersten Lebensmonaten besondere Beziehungen zu den Personen ihrer engsten Umgebung Eltern auf. Ab dem 7.Lebensmonat beginnt ein Kind die Beziehung zu diesen besonderen Bindungspersonen zu suchen und sie gegenüber anderen zu bevorzugen. Besonders in Stresssituationen wie fremden Umgebungen, fremden Personen aber auch Erkrankung benötigen die Kinder die Anwesenheit und Aufmerksamkeit der Bindungspersonen, um ihr „inneres Gleichgewicht“ halten oder wiederherstellen zu können. Bei Verunsicherung oder Angst zeigen Kinder „Bindungsverhalten“ und suchen meist den engen Körperkontakt zu den Eltern. Die Anwesenheit der Eltern in der Tagespflegestelle wird nicht mehr benötigt, wenn das Kind zu mir als Tagespflegeperson eine bindungsähnliche Beziehung aufgebaut hat und ich die Funktion einer sicheren Basis für das Kind übernehmen kann.
Die erste Woche
Innerhalb der ersten 3 Tage kommt die Mutter mit dem Kind für jeweils 1 Stunde in die Tagespflegestelle, um die Räumlichkeiten zu erkunden und gemeinsam zu spielen. Dabei nimmt sie eine passive/beobachtende Rolle ein. Das Kind wird von Zeit zu Zeit die Nähe der Mutter suchen oder auch den Blickkontakt, dann aber seine Umgebung ganz von allein in seinem Tempo erkunden. Die Mutter jederzeit „als sicheren Hafen“ benutzen zu können und die Aufmerksamkeit zu bekommen, wenn sie gebraucht wird, erleichtert dem Kind die Eingewöhnung. Ich versuche vorsichtig und ohne zu drängen, über Spielangebote Kontakt zum Kind aufzunehmen. Am 4. und 5. Tag verlängern wir die Zeit auf 1,5 - 2 Stunden. Die Mutter ist weiterhin im Hintergrund anwesend.
Die zweite Woche
In dieser Woche wagen wir den ersten Trennungsversuch. Die Mutter verabschiedet sich vom Kind und geht zur Tür hinaus. Hierbei ist es wichtig, dem Kind genau zu erklären was gerade passiert. Beispiel: "Ich gehe zum Auto und fahre zum Bäcker/hole die Tasche. Du bleibst hier bei Ina. ich komme gleich wieder um dich abzuholen."
In den nächsten Tagen kann dann die Trennungszeit verlängert werden. An dieser Stelle lassen sich auch gut Verabschiedungsrituale einsetzen, wie zum Beispiel Mama zur Tür "rausschubsen" oder am großen Fenster zum Abschied winken. Am Ende der Woche nimmt das Kind dann am Mittagessen teil.
Die dritte und vierte Woche
Wenn das Kind mich bereits als Bindungsperson akzeptiert hat, bleibt es nun den ganzen Vormittag in der Tagespflegestelle und nimmt am Mittagessen teil. Am 4. Tag der dritten Woche nimmt das Kind dann am Mittagsschlaf teil. Der gleiche Ablauf wird dann in der letzten Eingewöhnungswoche fortgesetzt. Die Eingewöhnung ist abgeschlossen, wenn ich vom Kind als “sichere Basis“ angenommen werde und es sich von mir trösten lässt.
Für die Eingewöhnung sollte man sich 4 Wochen Zeit nehmen, dies ist ein grober Richtwert. Das Tempo richtet sich nach dem Kind (manche Kinder benötigen vielleicht nur 2 Wochen Eingewöhnungszeit).
Wichtig ist, sich keinen Stress zu machen und nicht unter Druck zu stehen. Für diese Zeit darf das Kind gerne bestimmte Gegenstände mitnehmen, die den Start in die Tagespflege erleichtern können (sog. Übergangsobjekte). Dies kann zum Beispiel ein Kuscheltier, eine bestimmte Trinkflasche oder ein Familienfoto sein.